Zwei Jahre nach Teilmobilmachung: Weiter kein Asyl für russische Kriegsdienstverweiger*innen
Weitere Infos unter https://de.Connection-eV.org/article-4252
Auch zwei Jahre nach der am 21. September 2022 von Präsident Putin erklärten Teilmobilmachung wird russischen Verweiger*innen des Ukrainekrieges in Deutschland in aller Regel kein Asyl
gewährt. Connection e.V. liegen inzwischen mehr als ein Dutzend ablehnende Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) vor. Wesentliches Argument ist, dass keine "beachtliche Wahrscheinlichkeit" für eine Einberufung in den Krieg bestehe. "Es sind
Menschen, die sich gegen eine Teilnahme an dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg entschieden haben", so heute Rudi Friedrich von Connection e.V. "Statt ihre Entscheidung zu unterstützen, werden sie mit den Bescheiden aufgefordert, nach Russland zurückzukehren. So wird dem russischen Militär das
menschliche Kriegsmaterial zur Verfügung gestellt."
In den letzten Monaten wurden in Russland die Rekrutierungsbemühungen verschärft.
- Im April 2023 verabschiedete das russische Parlament ein Gesetz, womit die
von der russischen Regierung für staatliche und kommunale Dienste eingerichtete online-Plattform "Gosuslugi" (Госуслуги) auch für die Zustellung von
Vorladungen zum Militärkommissariat benutzt werden kann. Schriftstücke gelten als zugestellt, wenn sie auf dem Account einer Person
eingegangen sind. Mit der Zustellung verbunden ist das Verbot, Russland zu verlassen. "Das bedeutet in der Tat", so der in Deutschland lebende russische Jurist Artyom Klyga von der Bewegung für
Kriegsdienstverweigerung Russland, "dass bei einer Rückkehr dieser Personen Strafverfolgungsmaßnahmen greifen und die bereits bestehende Vorladung umgesetzt wird. Außerdem werden sie nicht mehr das Land verlassen können. Damit sind sie einem erheblich größerem Risiko ausgesetzt, für den Krieg eingezogen zu
werden."
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Wiederholt kommt es in verschiedenen Städten zu Razzien und Inhaftierungen von Militärdienstpflichtigen. So z.B. im Mai 2024, als
Polizeibeamt*innen in Moskau unter Beteiligung der Moskauer Einberufungsbehörde und des "Unified Draft Office" Razzien durchführten und schätzungsweise 40 bis 60 Personen im Einberufungsalter
festnahmen. Nach ihrer Festnahme wurden die Betroffenen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren zur Sammelstelle in der Ugreshskaya Straße 3, Gebäude 6, gebracht, von wo aus die Rekruten direkt in
die Kasernen gebracht werden.
- Seit dem Einmarsch der Ukraine in das Gebiet um Kursk Mitte August 2024 werden erneut Militärdienstpflichtige im Kriegsgebiet eingesetzt: "Wir haben Dutzende von
Anfragen von besorgten Eltern, Verwandten und Freund*innen bekommen", berichtet Sofia Zelenkevich von der russischen Exilorganisation Idite
Lesom (Go by the Forest). "Sie schildern uns, wie Wehrpflichtige kurz nach ihrer Einberufung in das Kriegsgebiet nach Kursk geschickt werden, in das vor wenigen Wochen die ukrainische Armee
einmarschierte. Sie haben keine militärische Ausbildung erhalten und sind so nichts anderes als Kanonenfutter."
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Insbesondere gegenüber Migrant*innen wird Druck ausgeübt, sich "freiwillig" zur Armee zu melden. "Das Gesetz wurde dahingehend geändert", erklärt Artyom Klyga, "dass
russischen Staatsbürgern, die nicht von Geburt an Staatsbürger Russlands sind, der Pass entzogen werden kann, wenn sie sich nicht militärisch registrieren lassen."
"Jeden Tag finden in den Gebieten, wo Migrant*innen leben, Razzien statt", ergänzt Sofia Zelenkevich. "Sie werden unter Druck gesetzt oder mit falschen Behauptungen dazu gebracht, Verträge
beim Militär zu unterschreiben. Damit können sie in das Kriegsgebiet in die Ukraine geschickt werden."
"Es ist davon auszugehen," so Rudi Friedrich, "dass der Druck auf die Militärdienstpflichtigen noch steigen wird. Vor wenigen Tagen hat Präsident Putin angekündigt, die Armee um weitere 180.000
Soldaten aufzustocken." Wie die unabhängige russische Nachrichtenplattform Mediazona berichtete, sollen ab Dezember 2024 weitere
180.000 Soldat*innen die Armee auf fast 1,5 Millionen bringen. Das ist bereits die dritte Erhöhung der Truppenstärke seit Beginn des Ukrainekrieges im Februar 2022.
Erneut fordert Connection e.V. die deutsche Bundesregierung auf, Schutz und Asyl für Kriegsdienstverweiger*innen, Militärdienstentzieher*innen und
Deserteur*innen zu garantieren. "Es gab einen positiven Schritt mit einer Stellungnahme des
Innenministeriums im Mai 2022, dass russische Deserteure Flüchtlingsschutz erhalten sollen. Aber es zeigt sich, dass fast alle, die sich rechtzeitig vor einer Rekrutierung entzogen haben und
Schutz suchen, in den Asylverfahren abgelehnt werden. Das ist ein unhaltbarer Zustand."
Abschließend weist Connection e.V. darauf hin, dass das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ein Menschenrecht ist, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in
einerGrundsatzentscheidung festgestellt hat. Das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte stellt in seinem jüngsten thematischen Bericht
(A/HRC/56/30) fest, "sollten Einzelpersonen in der Lage sein, vor dem Beginn des Militärdienstes oder in jeder Phase während oder nach dem Militärdienst zu verweigern". Gegenwärtig ist
dieses Recht in Russland nicht im Einklang mit internationalen Standards geschützt. Diejenigen, die den Dienst verweigern wollen, werden de facto daran gehindert oder verfolgt. Sie sollten
geschützt werden, wie der UNHCR in seinen Richtlinien zum internationalen Schutz Nr. 10 feststellt.
Weitere Informationen stellt Connection e.V. regelmäßig im Rahmen der #ObjectWarCampaign zur Verfügung, mit der sich ein Verbund
von europaweit mehr als 120 Organisationen für den Schutz und Asyl für Kriegsdienstverweiger*innen und Deserteur*innen aus Russland, Belarus und der Ukraine einsetzt: https://de.Connection-eV.org/ObjectWarCampaign und https://objectwarcampaign.org.
Kontakte
Rudi Friedrich, Geschäftsführer von Connection e.V., office@Connection-eV.org, 069-82375534 (Deutsch und Englisch)
Artyom Klyga, Advocacy Manager der Bewegung für Kriegsdienstverweigerung Russland, advocacy@stoparmy.org, +49 176 41 79 62 80 (Russisch,
Englisch)
Sofia Zelenkevich, Koordinatorin von Idite Lesom, volunteer@iditelesom.org (Russisch,
Englisch)
Zaira Zafarana, International advocacy coordinator of Connection e.V., zaira.zafarana@Connection-eV.org (Italian, English)
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Russlands Deserteure: (K)ein Asyl für Kriegsdienstverweigerer? © br-14.2.23
In Russland ist das Recht auf Kriegsdienstverweigerung wegen Putins Angriffskrieges auf die Ukraine ausgesetzt. Deserteuren bleibt nur die Flucht. In Deutschland ist die Frage nach Asyl aber eine
Einzelfallentscheidung. Und das sorgt für Kritik. Hier weiterlesen: Klick ...
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Kriegsdienstverweigerer aus
Russland:Moralische Möchtegernexperten © taz-
Wer sich abschätzig über russische Männer äußert, die vor Putins Krieg fliehen, macht es sich zu einfach. Aber auch ukrainische Ängste zählen. Hier weiterlesen. Klick ...
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24. April 2023. © Nieders. Flüchtlingsrat
Für den 15. Mai 2023, den Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung, rufen 30 Organisationen zu Aktionswochen zum Schutz für all diejenigen auf, die in Russland, Belarus und der
Ukraine den Kriegsdienst verweigern.
Eine zentrale Aktion mit öffentlichkeitswirksamer Performance gibt es am 15. Mai 2023, 11 Uhr, vor der Europäischen Kommission in Berlin, Unter den Linden 78. Im Rahmen dieser Aktion werden
über 34.000 Unterschriften an die Europäische Kommission übergeben.
Es gibt mehr
als 150.000 russische Militärdienstpflichtige und Deserteure, die den Angriffskrieg ablehnen. Schätzungsweise
22.000 belarussische Militärdienstpflichtige haben ihr Land verlassen, weil sie sich nicht am Krieg in der Ukraine beteiligen wollen. Sie alle müssen wegen ihrer Haltung gegen den Krieg
eine mehrjährige Verfolgung befürchten. Sie hoffen auf Schutz in den Zufluchtsländern.
„Angesichts des Krieges in der Ukraine brauchen wir eine klare Zusage der deutschen Bundesregierung und der europäischen Institutionen“, so Rudi Friedrich vom
Kriegsdienstverweigerungs-Netzwerk Connection e.V., „dass bei Desertion und ausdrücklich auch bei Militärdienstentziehung in Russland Flüchtlingsschutz garantiert wird. In
bisherigen Asylverfahren werden die Betroffenen nach wie vor abgelehnt, ein unzumutbarer Zustand. Ein echter Schutz für alle, die sich dem Krieg verweigern, ist schon lange
überfällig.“
Die Ukraine hat das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ausgesetzt und die Grenze für Männer zwischen 18 und 60 Jahren geschlossen. Mehr
als 170.000 Männer haben sich der Kriegsbeteiligung in der Ukraine entzogen und sind ins Ausland geflohen. Derzeit haben ukrainische Staatsbürger einen befristeten Aufenthalt in der
Europäischen Union. In der Ukraine wurden bereits mehrere Kriegsdienstverweigerer
zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Michi von Glaßer von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) ergänzt: „Wir erleben, dass in der Ukraine
Woche für Woche Kriegsdienstverweigerer vor Gericht stehen. Das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung muss aber für alle jederzeit Gültigkeit haben, gerade auch im Krieg.“
Mehr als 1.100 Personen haben im vergangenen Jahr laut Bundesverteidigungsministerium auch in Deutschland einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung gestellt, Soldatinnen und Soldaten,
Reservisten und junge Menschen, die nicht in der Bundeswehr sind. 2021 waren es etwas mehr als 200. „Das spiegelt die große Unsicherheit durch den Ukraine-Krieg wider“, so Wolfgang M.
Burggraf, Geschäftsführer der Ev. Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK). Hier sei die Sorge vor einer Ausweitung des Krieges spürbar. Die EAK biete
Beratung an.
Hier mehr Infos zu den Aktionswochen 8.-21.Mai 2023 : Klick ...
Initiiert
von: act for transformation; Arbeitsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF); Arbeitskreis Asyl Tribsees;
Aseistakieltäytyjäliitto, Finnland; Bewegung für Kriegsdienstverweigerung, Russland; BOCS Civilization Planning Foundation, Ungarn; Bund für Soziale Verteidigung; Connection e.V.; Church
and Peace – Ecumenical Peace Church Network in Europe; Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK); Europäisches Büro für Kriegsdienstverweigerung (EBCO); Ev.
Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK); Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V., Friedensbüro Salzburg, Österreich; graswurzelrevolution; Hessischer Flüchtlingsrat;
Internationale der Kriegsdienstgegner*innen (IDK); Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges – Ärzt*innen in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW); International Fellowship of
Reconciliation (IFOR); Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.; Lebenshaus Schwäbische Alb e.V.; Nash Dom, Belarus; NaturFreunde Deutschlands; Netzwerk Friedenskooperative; pax christi –
Deutsche Sektion e.V.; Pro Asyl; Ukrainische Pazifistische Bewegung; Vicdani Ret İzleme, Türkei; War Resisters‘ International; Stand: 23. April 2023