Mehr als zwei antimuslimische Vorfälle pro Tag in Deutschland
Viele Muslime sehen sich im Alltag mit Rassismus und Diskriminierung konfrontiert. Einer Studie zufolge melden Betroffene die Fälle aus mangelndem Vertrauen häufig nicht den Behörden. Die Claim
Allianz fordert nun ein entschiedenes Vorgehen.
Die Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit Claim hat im vergangenen Jahr knapp 900 Fälle von antimuslimischem Rassismus in Deutschland registriert. Diese Form des Rassismus präge den
Alltag der Betroffenen, beklagte der Verband am Montag bei der Vorstellung seines ersten Lageberichts in Berlin. Die Allianz forderte eine umfassende Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus
in Deutschland. Entsprechende Fälle müssten systematisch erfasst und dokumentiert werden.
Im Rahmen eines Monitorings wurden laut Verband insgesamt 898 Vorfälle gezählt. Es sei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Die Betroffenen meldeten die Fälle häufig aus mangelndem
Vertrauen in die Sicherheitsbehörden nicht. Sie hätten Angst, dass der Wahrheitsgehalt ihrer Angaben in Zweifel gezogen werde.
Antimuslimischer Rassismus verhindere die gleichberechtigte Teilhabe von muslimischen und als muslimisch angesehenen Menschen, hieß es. Rund 25 Prozent der Fälle, bei denen der Ort bekannt
sei, hätten sich im öffentlichen Raum zugetragen.
Muslimische Frauen besonders oft Betroffen
Körperliche und verbale Angriffe hätten sich größtenteils gegen Frauen gerichtet. Diese seien auch in Anwesenheit ihrer Kinder beleidigt und körperlich angegriffen worden. Ein Fünftel der
Fälle wurde in Bildungseinrichtungen wie Schulen, Universitäten und Kitas gezählt. Diskriminierungen seien in diesem Bereich häufig von Lehrkräften ausgegangen, hieß es weiter.
Den größten Teil der Vorfälle von antimuslimischem Rassismus machen den Angaben zufolge verbale Angriffe (500 Fälle) aus, gefolgt von Diskriminierung (190 Fälle). Das Lagebild zählt überdies
71 Körperverletzungen, 44 Sachbeschädigungen, drei Brandstiftungen und 49 sonstige Gewalttaten.
Diskriminierung von Muslimen unterschätzt
Rima Hanano von der Claim-Allianz betonte, die Diskriminierung von Muslimen und als muslimisch wahrgenommenen Menschen werde unterschätzt. Um das Dunkelfeld zu erhellen, müsse es ein
einheitliches Verständnis über das Phänomen geben. Betroffene müssten besser unterstützt und entsprechende Beratungsstellen langfristig finanziert werden. „Wir müssen alle hinschauen, nur
dann können wir antimuslimischem Rassismus gemeinsam entgegentreten“, sagte Hanano.
SIEHE AUCH
Rechte und rassistische Gewalt in Deutschland
(Beispiele: 1. - 7. Dezember 2022)
Rassismus
6. Dezember 2022, Bayreuth: Haft nach rassistischer Attacke auf SPD-Stadtrat
Der Angreifer auf den Bayreuther SPD-Stadtrat Halil Tasdelen wurde am 5. Dezember 2022 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr
und drei Monaten ohne Bewährung verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
7. Dezember 2022, Recklinghausen: Schülerin erlebt Rassismus
Meryem (15) aus Recklinghausen besucht die neunte Klasse der Gesamtschule Suderwich. Aus eigener Diskrimierungserfahrung hat sie einen Leserbrief geschrieben.
7. Dezember 2022, bundesweit: Bericht offenbart „fragwürdige“ Einstellungen unter Johanniter-Mitarbeitern
Nach rassistischen und extremistische Äußerungen von Mitarbeitern haben die Johanniter intern ermittelt. Hinweise auf rechtsradikale Strukturen gebe es nicht, allerdings eine fragwürdige
Einstellung gegenüber „diffamierender Alltagssprache“ unter Mitarbeitern.
4. Dezember 2022, Markt Schwaben: Hakenkreuze an Markt Schwabener Schulfassade
Wie die Polizeiinspektion Poing berichtet, haben ein oder mehrere Unbekannte die Westfassade der Grafen-von-Sempt-Mittelschule in Markt Schwaben mit einem roten Hakenkreuz verschmiert. Es soll in
den vergangenen fünf Tagen angebracht worden sein.
7. Dezember 2022, bundesweit: Prinz, AfD-Richterin und Hauptkommissar planten den Staatsstreich
Ein „Prinz“, eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete und Richterin, ein ehemaliger Kriminalhauptkommissar und ein ehemaliger Bundeswehr-Oberst planten einen rechtsextremen Staatsstreich, noch
vor Weihnachten.
2. Dezember 2022, Gemünden am Main: Gericht verurteilt
mutmaßliche „Querdenker“ zu
Freiheitsstrafen
Ein 38-Jähriger und eine 61-Jährige hatten offenbar aus Protest gegen die Coronamaßnahmen Plakate an einer Bahnstrecke aufgestellt. Ein ICE musste eine Notbremsung einleiten. Nun wurde das Duo zu
Freiheitsstrafen verurteilt.
7. Dezember 2022, Düsseldorf: Gericht verhandelt Gewalt bei Corona-Protest
Vor zwei Jahren war es bei einem Protest gegen die Corona-Maßnahmen zu Ausschreitungen gekommen. Nun müssen sich zwei junge Männer, 23 und 25 Jahre alt, vor Gericht verantworten, weil sie
Polizisten angegriffen haben sollen.
Die Tatverdächtigen seien teilweise bereits polizeilich in Erscheinung getreten, sagte der Polizeisprecher. Der genaue Ablauf der Geschehnisse sei derzeit Gegenstand noch ausstehender
Zeugenvernehmungen und weiterer Ermittlungen. Die „Mitteldeutsche Zeitung“ hatte am Sonntag berichtet, bei den Angreifern handle es sich um Anhänger des Fußballclubs Hallescher
FC. (epd/mig)
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Rechtsextremismus in Ostdeutschland: Studie endlich veröffentlicht
Vier Jahre lang war sie unter Verschluss, dank einer Anfrage von uns wird sie jetzt öffentlich: Im Auftrag des Bundesbeauftragten für die neuen Bundesländer
erforschten Göttinger Wissenschaftler:innen Rechtsextremismus in Ostdeutschland. Die Ergebnisse zeigen, wie tief verwurzelt extreme Positionen sind.
„Ja, es stimmt: Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremismus, und es ist größer, als viele – ich sage ehrlich: auch ich – wahrhaben wollten“, sagte Stanislaw Tillich, zu diesem Zeitpunkt
sächsischer Ministerpräsident, bei einer Sondersitzung des Landtags Ende
Februar 2016.
Der Anlass dieser Sitzung: Die steigende Anzahl rechtsmotivierter Gewalttaten. So war nur wenige Tage zuvor eine geplante Asylunterkunft im sächsischen Bautzen angezündet worden – die vierte
in nur wenigen Monaten. Eine Studie aus dem darauffolgenden Jahr, die der Bundesbeauftragten für die neuen Bundesländer in Auftrag gab, sieht Tillichs Partei in Mitverantwortung: die
CDU. Wir
veröffentlichen die Studie erstmals.
Über mehrere Wochen hinweg führten
Wissenschaftler:innen des Göttinger Instituts für Demokratieforschung Interviews, nahmen an öffentlichen Veranstaltungen wie beispielsweise Stadtratssitzungen, Demonstrationen und
Stadtfesten teil und analysierten Statistiken, mediale Berichterstattung und behördliche Dokumente. Der Fokus lag dabei für Sachsen auf den Städten Freital und Heidenau und für Thüringen auf
dem Erfurter Stadtteil Herrenberg. Die Auswahl fiel auf diese Regionen, da die rechtsextreme Szene dort stark verortet sei und es zu zahlreichen asylfeindlichen Protesten (u.a. Pegida)
gekommen war.
Rechtsextremismus vor und nach der Wende
Das Fazit der Untersuchungen: In Ostdeutschland offenbare sich ein „rechtsextremes Denken“, das „auf der Abwertung von – insbesondere ethnischen und sexuellen – Minderheiten und der
Glorifizierung autoritärer Ordnungen“ basiert und „von einem überhöhten Bedürfnis nach Harmonie, ‚Reinheit‘, Ordnung“ geleitet ist. Vor allem zeige sich dies im „Zusammenhang mit der
Erinnerungskultur, sowohl in Bezug auf den Nationalismus in der DDR als auch mit Blick auf den Rechtsextremismus der Vor- und Nach-Wende-Zeit“.
Erklärungen und Ereignisse würden bewusst ausgeblendet. Faschistische Umtriebe zu DDR-Zeiten? Habe es laut einem Lokalpolitiker aus Herrenberg nie gegeben. Angriffe auf ein
Gastarbeiter:innen-Wohnheim im sächsischen Freital im Jahr 1991? Daran konnte sich keine der interviewten Personen erinnern. Nationalsozialismus in Dresden? Wenig aufgearbeitet, dafür eine
Überhöhung des Opfermythos.
Verstärkt würde dieses Ausblenden der Vergangenheit durch Überhöhung des „Eigenen“ und eine Abwehrhaltung gegenüber dem „Anderen“. Eine Politik, die von der CDU vor allem in Sachsen so
dominiert und geprägt worden sei. Ebenso seien Lokalpolitiker:innen aller Parteien in der Verantwortung. Vor allem, weil sie eine Auseinandersetzung mit dem Thema Fremdenfeindlichkeit in der
Gesellschaft unterdrücken.
Rechtsextremismus nicht nur ein „Ost-West-Problem“
Jedoch sei Rechtsextremismus nicht ausschließlich ein „Ost-West-Problem“, sondern auch ein „Zentrum-Peripherie-Problem“. Besonders deutlich werde dies in Erfurt. Während sich im Zentrum der
Universitätsstadt eine politisch aktive Gesellschaft gegen Rechts stelle, sei das Plattenbauviertel Herrenberg im Alltag von der rechten Szene geprägt.
„Der Herrenberg profitiert nicht von den zivilgesellschaftlichen Widerständen des Erfurter Bürgertums, auch weil Letzteres sich nicht wirklich für die Vorgänge auf dem Herrenberg
interessiert“, so die Wissenschaftler:innen. Rechtsextreme könnten so einfacher Strukturen etablieren und u.a. Jugendliche über Feste oder andere Angebote an die rechte Szene heranführen.
Um präventiv gegen Rechtsextremismus vorzugehen, bräuchte es auf der einen Seite eine verbesserte Arbeitsmarkt-, Wohn- und Sozialpolitik sowie bessere politische Bildung. Auf der anderen
Seite komme es auf das Handeln und eine klare Positionierung gegen Rechts von Politiker:innen an. Auch sei ein offener Dialog mit den Bürger:innen notwendig. Generell gelte: „Bei der
Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Autoritarismus hilft nicht weniger, sondern mehr Raum für offene politische Auseinandersetzungen.“
Der Bundesbeauftragte für die neuen Bundesländer gab die Studie auf unsere Anfrage
nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) erst nach Drohung einer Untätigkeitsklage heraus. Als in den vergangenen Jahren Teilergebnisse der Studie öffentlich wurden, sorgte dies
für politischen Diskussionsstoff: Der damalige Vorsitzende der Unionsbundestagsfraktion Volker Kauder sagte, die „Studie
grenzt an einen Skandal“. Michael Kretschmer, CDU-Ministerpräsident Sachsens, sagte:
„Ich bin entsetzt über
das, was da aufgeschrieben ist und welche Schlüsse gezogen werden.“ Nach Kritik
an der Methodik überarbeiteten die Autor:innen die Studie teilweise. Das neue Vorwort, in dem die Autor:innen auf die Kritik eingehen, veröffentlichen
wir ebenfalls.
Und wie sieht es mit dem eigenen Weltbild aus? Programm stellt auch unbequeme Fragen
KREIS CUXHAVEN. Sie werden
sichtbar sein, wenn sie rausziehen in die Innenstädte, Stadtteile und Dörfer, und doch ist es erst mal ein internes Projekt der Polizei: „Polizeischutz für die Demokratie“ rührt an Tabus und
macht Mut zur Offenheit. Es geht darum, seinen Blick auf die Welt zu hinterfragen, es geht um die unbequeme Frage nach strukturellem Rassismus in Behörden. Beteiligt sind alle Polizeiinspektionen
und Kommissariate in Niedersachsen.
Die Internationale Woche gegen Rassismus nahm der Leiter der Polizeiinspektion Cuxhaven Arne Schmidt vor
wenigen Tagen zum Anlass, um das Programm und die beiden „Strategiepaten“ der PI Cuxhaven, Britta Schumann und Thomas Wittig, vorzustellen. Das Land habe mit der Auflage eine gute und
richtungweisende Entscheidung getroffen, so Arne Schmidt.
Immer zwei Seiten
„Nicht dass die Polizei das nötig hätte“, sagt er – einerseits. Es ist zu spüren, dass eine große
Zerrissenheit mit diesem Thema verbunden ist. Denn viele Einsätze finden nun mal in bestimmten Milieus häufiger statt als anderswo. Einerseits soll an der Realität nicht vorbeigesehen werden;
andererseits dürfen und sollen sich hierdurch nicht bestimmte Bilder im Kopf festsetzen, schon gar nicht bei Gruppen, die hoheitliche Aufgaben ausführen. „Wir müssen uns den Blick über den
dienstlichen Kontext hinaus bewahren“, so Arne Schmidt.
Gibt es strukturellen Rassismus in Behörden – also „automatisches Misstrauen“ gegenüber anders aussehenden
Personen oder Angehörigen bestimmter Nationalitäten? „Mit dem Thema werden wir immer wieder konfrontiert – selbst wenn es um Vorfälle in den USA geht“, berichtet der Polizeichef.
Das im November 2019 gestartete Programm „Polizeischutz für die Demokratie“ ist – so die Polizeiakademie
Niedersachsen – eine Reaktion auf den zunehmenden Populismus von rechts, dessen Akteure bewusst versuchten, „die Polizei in ihrem Sinne zu beeinflussen und zu instrumentalisieren“. Die
Gesellschaft brauche aber mehr Vertrauen und weniger Angst. Die Polizei könne mehr als jede andere Institution dieses Sicherheitsgefühl vermitteln. Um den Anspruch als Vorbild zu stärken, wurden
innerhalb der Polizei Personen mit Ideen für eine gelebte demokratische Kultur gesucht.
Mehr als der Dienst
Dies sind in Cuxhaven Britta Schumann und Thomas Wittig. Für sie war dieses Programm auch eine Einladung,
sich eingehend mit der Geschichte ihres Dienstorts zu beschäftigen. „Wir wollen über den dienstlichen Kontext hinausblicken“, so Arne Schmidt. So entstand das erste von Britta Schumann und Thomas Wittig vorbereitete Projekt: Touren zu den in der Stadt Cuxhaven
verlegten „Stolpersteinen“. Diese mit einer Kupferplatte versehenen Steine sind im Gedenken an Opfer des NS-Regimes – Juden, politische Gegner, behinderte Kinder – vor deren früheren Wohnhäusern
verlegt worden. „Ein sichtbares Zeichen dafür, was es für Folgen haben kann, wenn Werte aus dem Bewusstsein verschwinden“, findet Arne Schmidt. Es werde sich mitnichten um Vorträge handeln, unterstreicht er, vielmehr um ein „Be-Greifen“: Es solle lebendig
zugehen, Austausch sei erwünscht und es dürfe auch durchaus mal zum Putzlappen gegriffen werden, um die Steine zu reinigen, ergänzt Britta Schumann. Thomas Wittig hat festgestellt: „Nur wenige Menschen kennen die Stolpersteine überhaupt.“ Eine Tour mit einem
Stadtführer zu früheren Dienststellen der NS-Organe habe ihm auch die Rolle der Polizei in der damaligen Zeit bewusst gemacht.
Britta Schumann und Thomas Wittig sehen bereits diese Zeit des Kennenlernens als großen Gewinn. „Wir sind
schon Teil des Netzwerks. Und so wird das auch an den anderen Dienststellen des Kreises weitergehen, ob Hemmoor, Schiffdorf oder Geestland“, versprechen sie.
Für Cuxhavens Oberbürgermeister Uwe Santjer hat der Name „Polizeischutz für die Demokratie“ eine hohe
Symbolkraft. Seinem eigenen Verständnis nachzuhorchen, sei „für uns alle ein Modell“, findet Uwe Santjer und bezieht dabei sein Rathaus ein, in dem im Übrigen ohne multikulturelle Gesellschaft
ebenso wie in Krankenhäusern, im Einzelhandel, Tourismus und bei der Polizei viele Menschen fehlen würden.
Konsequenter handeln
Viele Berührungspunkte mit den Kreisbehörden sah auch Landrat Kai-Uwe Bielefeld. Ein Teil der Aufgabe sei,
Menschen offensiver auf ihr Fehlverhalten anzusprechen, egal, ob es um Worte oder Übergriffe gehe. „Den Leuten springen die Sicherungen gegenüber den Institutionen heraus, die zum Schutze der
Sicherheit da sind.“ Übergriffe auf Kreis-Behörden bringe er kompromisslos zur Anzeige:
„Dinge geschehen zu lassen und nicht konsequent zu reagieren, ist eine Keimzelle für mehr Gewalt.“
„Wenn Dinge erst mal salonfähig werden, sind sie auch schnell im Netz verbreitet“, gibt Uwe Santjer zu
bedenken. „Und irgendwann werden aus Sprache Taten.“
Undenkbares wird sagbar
„Wir müssen reagieren, bevor es sich in die Mitte der Gesellschaft hineinfrisst. Parteien sagen in Räten,
was früher undenkbar gewesen wäre, selbst mitten in Europa gibt es besorgniserregende Strömungen“, so Arne Schmidt.
Er kommt noch einmal auf die Geschichte zurück: „Wir haben als Deutsche eine besondere Verantwortung.“ Die
nächsten nachkommenden Kolleginnen und Kollegen könnten nicht mehr mit Zeitzeugen sprechen; umso wichtiger sei die Aufgabe von Britta Schumann und Thomas Wittig, um diese Lücke zu
schließen.
Britta Schumann, die seit rund 15 Jahren in Cuxhaven wohnt, hat durch das Programm das Netzwerk in Cuxhaven
mit seiner gelebten Hilfsbereitschaft als einen richtigen Schatz kennengelernt. Beide gehen durch das Stolperstein-Projekt inzwischen mit ganz anderen Augen durch die Stadt.
Thomas Wittig, der 2012 nach Cuxhaven gekommen ist und sich fast noch als Neubürger versteht, hält außerdem
schon lange den Kontakt zur muslimischen Gemeinde in Cuxhaven und hat dort vom Programm erzählt. „Die spontane Antwort: ,Da sind wir dabei‘“, erzählt Thomas Wittig.
Digitale Veranstaltung: Rechter Terror? Zur Serie von Brandanschlägen im Bremer Umland
Dienstag, 30. März 2021 | 18 Uhr ---
Der Link zum Stream ist nach diesem Text eingefügt! Bitte um 18.00 auf den YouTube-Pfeil klicken
Zwischen Februar und Oktober 2020 verübten mutmaßliche Rechtsextremist*innen im Bremer Umland drei Brandanschläge auf Restaurants von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte: in Syke, in
Gnarrenburg und in Ganderkesee. Für die Betroffene haben diese Anschläge schwerwiegende Folgen. Ihre aufgebauten Existenzen wurden zerstört. Insbesondere die hinterlassenen Symbole an den
Tatorten weisen auf eine rechte Tatmotivation hin. Auch durch das jeweils identische Vorgehen ist von einer Brandanschlagsserie auszugehen. Dennoch gehen die Ermittlungsbehörden nicht konsequent
von rechten Motiven und einer rechtsextremen Anschlagsserie aus.
In der digitalen Diskussion werden wir mit Expert*innen über den Ermittlungsstand und die notwendigen Konsequenzen diskutieren: Warum müssen die Ermittlungen gebündelt werden? Welche rechten
Netzwerke bestehen vor Ort und wie kann die Zivilgesellschaft gestärkt werden? Welche Aufgaben hat die Landespolitik angesichts der Zunahme rechter Gewalt?
Eine (digitale) Podiumsdiskussion mit:
Heike Kleffner, Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt
Jan Krieger, Mobile Beratung Niedersachsen gegen Rechtsextremismus für Demokratie
Andrea Röpke, Journalistin
Moderation:Olaf Kretschmer, NDR
mit O-Tönen von Betroffenen - auch von Betroffenen unserer Bürgerinitiative aus Wingst
Für Menschen, die einen Ort suchen, an dem sie ihre rassistischen, sexistischen, homophoben oder anderweitig menschenverachtenden Ansichten verbreiten können, ist bei der Veranstaltung kein
Platz.
Die Veranstalter*innen behalten sich vor, den Teilnehmer*innenkreis der Veranstaltung einzuschränken und von ihrem „digitalen Hausrecht“ Gebrauch zu machen.
Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, sexistische,
nationalistische, militaristische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, sind von der Veranstaltung ausgeschlossen.
Dr. Sascha Schießl - Referent der Geschäftsführung | Projekt "WIB - Wege ins Bleiberecht"
Höchststand bei Zahl politisch motivierter Straftaten
Das politische Klima wird nicht nur rauer, sondern auch gefährlicher. Extremistisch motivierte Straftaten erreichten 2020 einen Höchststand, ebenso die Zahl antisemitischer Delikte. Auf das Konto
von Rechtsextremisten geht mehr als die Hälfte aller Straftaten.
Die Zahl politisch motivierter Straftaten hat 2020 einen Höchststand seit Beginn der Erfassung vor rund 20 Jahren erreicht. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der
Grünen im Bundestag hervorgeht, wurden für das vergangene Jahr 44.034 Straftaten gemeldet, davon 3.354 Gewaltdelikte. Das sind rund 2.500 Straftaten mehr als 2016, als im Jahr nach der großen
Fluchtbewegung der bisherige Höchststand verzeichnet wurde. Der zunehmend raue Ton in Debatten auch in Parlamenten schlägt sich damit in der Kriminalitätsstatistik nieder. Auch Medien sind
Leidtragende der Entwicklung. Das Bundesinnenministerium weist in der Drucksache auf mögliche Nachmeldungen hin. Die Zahlen können also noch steigen. Das beweist zum Beispiel die Zahl
antisemitischer Straftaten: 2.322 judenfeindliche Delikte weist das Bundesinnenministerium aktuell für das Jahr 2020 aus, davon 56 Gewalttaten, überwiegend Körperverletzungen. Bei einer
Abfrage der Statistik vonseiten der Linken Mitte Februar hatte das Ministerium noch rund 50 Straftaten weniger gemeldet. Die endgültige Statistik für das zurückliegende Jahr stellen
Bundeskriminalamt und Innenministerium in der Regel im Mai vor.
Mehr als die Hälfte der politisch motivierten Straftaten im vergangenen Jahr – rund 23.400 – rechneten die Behörden laut vorläufigen Zahlen dem rechten Spektrum zu. Knapp 11.000 Straftaten
galten als linksextrem motiviert. Mehr als 8.000 wurden als „nicht zuzuordnen“ eingruppiert. Der Rest – weit unter 5 Prozent – sind Straftaten motiviert durch ausländische oder religiöse
Ideologie. Die Statistik weist mehr linksextrem (1.570) als rechtsextrem (1.071) motivierte Gewalttaten aus. Allerdings gehen mehr Körperverletzungen auf das Konto Rechtsextremer (889) als
auf das Linksextremer (531).
Die Wohnung ist vergeben, der Nachtclub voll, das Bahnticket wird gleich zweimal kontrolliert. Menschen mit vermeintlich ausländischem Aussehen erleben immer
häufiger Diskriminierungen. Experten sehen positive Entwicklungen, aber auch rassistische Strukturen in der Gesellschaft.
Wenn Tarık Yaşar im Club Feiern will, denkt er auch in Hautfarben. „Mit weißen Freunden komme ich leichter rein“, sagt der 30-jährige Dortmunder mit türkischen
Wurzeln. Dass er so denken muss, wird auch nach der Corona-Feierpause so sein, ist sich der IT-Kaufmann sicher. „Black Lives Matter“-Demonstrationen hin oder her. „Es wird sich zeigen, wie viel
von der Bewegung im Alltag ankommt“, sagt Yaşar. „Solche Denkweisen legt niemand schnell ab.“
Für ihn als vermeintlich muslimischer Mann ist es normal, dass Clubs angeblich „voll“ sind, während Deutsche mit heller Haut einfach Eintritt zahlen. Direkt gesagt
wird es meist nicht. „Tausend Mal erlebt“ hat er das, um dann vor verschlossener Tür zu stehen. „Ihr gehört zusammen, ja?“, wird er gefragt, wenn er mit weißen Freunden in der Schlange steht.
Ihre Hautfarbe wird seine Eintrittskarte.
Diskriminierung seit 2015 verdoppelt
Das Ausmaß des Problems zeigt der Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS). Die Zahl der Beschwerden wegen Diskriminierung waren 2019
höher als im Vorjahr. Am häufigsten ging es dabei um rassistische Diskriminierung. Es wandten sich 1.177 Mal Menschen an die Beratung, weil sie im Alltag und im Arbeitsleben aufgrund ihrer
ethnischen Herkunft Diskriminierung erlebt hatten. Seit 2015 haben sich die Fallzahlen damit verdoppelt.
Am häufigsten (36 Prozent) berichteten Betroffene von Diskriminierung im Beruf oder bei der Jobsuche. Am zweithäufigsten – 26 Prozent der berichteten Fälle – ging
es um Benachteiligungen bei Alltagsgeschäften wie in der Gastronomie, beim Einkauf oder bei Versicherungs- und Bankgeschäften. Jeder zweite Betroffene gab zudem an, Wohnungen wegen –
zugeschriebener – Herkunft nicht bekommen zu haben, manchmal stand es schon in der Immobilienanzeige.
Türkeistämmige berichten am häufigsten über Benachteiligung
Eine Studie des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration von 2018 zeigt ebenfalls, dass sich Menschen mit äußerlich
sichtbarem Migrationshintergrund häufiger diskriminiert fühlen als solche ohne sichtbare ausländische Wurzeln: 48 Prozent im Vergleich zu 17 Prozent. Menschen, die zusätzlich noch mit Akzent
sprechen, gaben zu 59 Prozent an, Diskriminierung erlebt zu haben.
Türkeistämmige Menschen berichten am häufigsten über Benachteiligungen (54 Prozent). Muslime fühlen sich mit 55 Prozent häufiger diskriminiert als Christen (29
Prozent) oder Menschen ohne Religionszugehörigkeit (32 Prozent).
Della: Rassismus in den Strukturen unserer Gesellschaft
Auch Tahir Della von der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland kennt diese Alltagserfahrungen. „Rassismus steckt in den Strukturen unserer Gesellschaft“,
sagt Della. „Er ist verankert bei Behörden, auf dem Wohnungsmarkt, im Bildungssystem, auf dem Arbeitsmarkt. Das ist der Kern des Problems – und das entfaltet sein Gift in alle Bereiche des
Lebens.“ Solange die Polizei verdachtsunabhängige Personenkontrollen durchführen darf, „trifft es Nicht-Weiße aufgrund der herrschenden Vorurteilsstrukturen zwangsläufig häufiger, dass sie
verdächtigt und durchsucht werden“, sagt Della.
Es brauche daher Gesetze wie das umstrittene neue Antidiskriminierungsgesetz in Berlin. Danach gilt: Wer glaubhaft erklärt, dass er von öffentlichen Stellen
diskriminiert wird, kann klagen – und die Beklagten müssen die Nicht-Diskriminierung vor Gericht belegen. „Es braucht aber unabhängige Stellen, die ermitteln: Die Staatsanwaltschaft ist zum
Beispiel zu nah bei der Polizei“, sagt Della.
Kohls „Beileidstourismus“ heute undenkbar
Der Rassismus- und Bildungsforscher Karim Fereidooni von der Ruhruniversität Bochum sieht „bereits eine Veränderung in der deutschen Gesellschaft“. Nach den
Brandanschlägen von Solingen in den 90er Jahren habe mit Helmut Kohl ein Bundeskanzler einen Vor-Ort-Besuch mit dem Hinweis, „keinen Beileidstourismus zu betreiben“, ausgelassen: „Das wäre heute
undenkbar“, sagt Fereidooni. „Nach Hanau war die Bundespolitik da, es wäre sonst auch als Skandal empfunden worden.“
DER NSU-PROZESS HABE EBENFALLS NACHWIRKENDE DEBATTEN ÜBER STRUKTURELLEN RASSISMUS ANGESTOSSEN. DAS ZEIGE AUCH DIE TEILNAHME VIELER WEISSER MENSCHEN AN DEN „BLACK
LIVES MATTER“-DEMONSTRATIONEN: DIE AUSGRENZUNG UND UNGLEICHHEIT, DIE RASSISMUS ERZEUGE, BETRÄFEN EBEN AUCH DIEJENIGEN, DIE DADURCH PRIVILEGIERT WÜRDEN. „SIE WOLLEN NICHT IN SO EINER GESELLSCHAFT
LEBEN UND TRETEN DAFÜR EIN.“
Fereidooni: Es gibt keine rassismusfreien Räume
Der Weg ist aber weit, weiß der Forscher. Kinder erlernten schon mit drei Jahren, welche Menschen in Machtpositionen stehen und welche Muster es dabei gibt – und
damit auch Rassismus. „Und so wie es keine rassismusfreien Räume gibt, gibt es auch keine Schulen ohne Rassismus.“ Eine Grundschullehrerin, die den achtjährigen Mohamed wegen einer unverschämten
Antwort als Macho anspricht und behandelt, sieht Max einfach als frechen Jungen, wenn er sich nicht an die Regeln hält.
„Sie tut Mohamed damit Gewalt an“, sagt Fereidooni, der selbst als Lehrer gearbeitet hat. „Aber auch sie trägt die psychische Gewalterfahrung des Rassismus in sich,
sonst würde sie nicht so handeln.“ Eine Auseinandersetzung mit dem Rassismus im eigenen Kopf sei daher dringend erforderlich, weil seine Bilder und Traditionen seit Jahrhunderten transportiert
würden. „Die Idee von Menschenrassen mit unterschiedlichen Eigenschaften stammt aus der Kolonialzeit.“ (epd/mig)
Offenbar neue rechtsextreme Morddrohungen gegen Politiker und Journalisten
Der Staatsschutz hat laut einem Zeitungsbericht Ermittlungen wegen neuer rechtsextremer Drohbriefe aufgenommen. Die Morddrohungen richteten sich gegen Politiker, Staatsanwälte und
Journalisten, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf Sicherheitskreise. Die gleichlautenden Briefe stammen demnach vom sogenannten Staatsstreichorchester, das schon
in der Vergangenheit durch ähnliche Morddrohungen aufgefallen ist.
Die Schreiben wurden laut RND in der vergangenen Woche an zwei Bundestagsabgeordnete, zwei Landtagsabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern und Bayern, die Staatsanwaltschaft Schwerin sowie neun Redaktionen und eine
Berliner Rechtsanwaltskanzlei verschickt. Darin heiße es, die Absender hätten ausreichend Munition, um jeden der Adressaten zu liquidieren. Die Schreiben würden vom Bundeskriminalamt (BKA) und
mehreren Landeskriminalämtern untersucht.
Im Januar hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby eine ähnliche Morddrohung vom "Staatsstreichorchester" erhalten. Im vergangenen Oktober 2019 hatte
Thüringens CDU-Chef Mike Mohring eine Drohung durch den mutmaßlich selben Absender
publik gemacht.
Im vergangenen Jahr ist die Zahl rechter Gewalttaten in NRW leicht gesunken. Gleichzeitig ist die Zahl der direkt betroffenen Menschen gestiegen - darunter immer mehr Kinder. Das geht aus der
Jahresstatistik der Opferberatung Rheinland und BackUp hervor.
Im vergangenen Jahr registrierten die Opferberatung Rheinland und
BackUp in Nordrhein-Westfalen 202 rechte Gewalttaten. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine leichte Abnahme der rechten Gewalttaten. Gleichzeitig stieg die Zahl der von dieser Gewalt
direkt betroffenen Menschen auf mindestens 322 gestiegen, darunter eine zunehmende Anzahl von Kindern. Den Angaben zufolge wurden vermehrt Menschen angegriffen, verletzt oder bedroht, die zu
zweit oder in größeren Gruppen unterwegs waren. 14 Prozent der Betroffenen waren unter 18 Jahre alt.
Das häufigste Tatmotiv war, wie in den Vorjahren, Rassismus: 67 Prozent aller 2019 registrierten Gewalttaten waren rassistisch motiviert, mindestens 239 Menschen wurden wegen ihrer
(vermeintlichen) Herkunft oder Religionszugehörigkeit angegriffen und zum Teil erheblich verletzt. Zu den Betroffenen zählen Menschen, die seit Jahrzehnten ihren Lebensmittelpunkt in NRW
haben oder in Deutschland geboren wurden, Schwarze Menschen, Muslime, Roma und Geflüchtete.
Die beiden Beratungsstellen weisen seit Jahren auf das erschreckende Ausmaß rassistischer Gewalt und die zunehmende Unsicherheit betroffener Menschen und Gruppen hin. Sie unterstützen
Angegriffene und Geschädigte und fordern in jedem Einzelfall die gesellschaftliche Solidarität mit den Opfern. Dies allein reicht aber aus Sicht der Beratungsstellen nicht: „In NRW könnte die
Einrichtung einer oder eines Landesbeauftragten gegen Rassismus eine wichtige Maßnahme sein, um die Notwendigkeit gesamtgesellschaftlicher Solidarität in Politik und Öffentlichkeit bewusster
zu machen“, so Birgit Rheims von der OBR.
Mehr Angriffe auf politische Gegner
Angriffe auf sogenannte „politische Gegner“ haben 2019 gegenüber den Vorjahren erneut zugenommen (2019: 46, 2018: 43, 2017: 34). Rund 23 Prozent aller 2019 registrierten Gewalttaten richteten
sich gegen Menschen, die sich politisch und zivilgesellschaftlich gegen Rechtsextremismus und Rassismus einsetzen oder für Demokratie, Pluralität und Geflüchtete engagierten.
Die gesellschaftliche Debatte zum Thema Rassismus in Deutschland wird aktuell mit Leidenschaft und teilweise sehr aufgeregt geführt. Das ist gut so. Niedersachsen ist kein rassistisches Land,
aber es gibt Rassismus, und die davon betroffenen Menschen leiden darunter.
Doch was genau ist eigentlich Rassismus? Wie äußert sich Rassismus und wer ist davon betroffen? Woher kommt Rassismus und was können wir gegen Rassismus in Niedersachsen tun? Ein kleines
Dossier zum Thema.
Wie äußert sich Rassismus und wer ist von Rassismus betroffen?
Viele Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, können von alltäglichen Erlebnissen berichten, in denen sie mit Rassismus konfrontiert waren. Ins öffentliche Bewusstsein rückte
das, als der 24-Jährige Ali Can unter dem Hashtag "'MeTwo" auf Twitter von seinen Erfahrungen mit Rassismus erzählt. Immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund berichteten unter diesem
Hashtag von ihren alltäglichen Erfahrungen mit Rassismus. Innerhalb kürzester Zeit sammelten sich Tausende Berichte.
Woher stammt der Begriff Rassismus?
Der Begriff Rassismus, also die Zuordnung von Menschen zu einer vermeintlichen Rasse, entstand im 19. Jahrhundert. Dabei spielte die Kolonialisierung Afrikas und Südamerikas eine große
Rolle. Die Rohstoffvorkommen der eroberten Gebiete wurden ausgebeutet, Millionen von Afrikanern wurden versklavt. Innerhalb der europäischen Mächte entwickelte sich dadurch ein Gefühl der
moralischen und zivilisatorischen Überlegenheit. Mithilfe der Naturwissenschaften wurde diesem Gefühl dann ein vermeintlich wissenschaftlicher Unterbau gegeben: Menschen wurden aufgrund
äußerer Merkmale bestimmten Gruppen zugeteilt, es entstand die Idee der unterschiedlichen Rassen und einer erblichen Überlegenheit der einen über die andere. Diese Vorstellung gipfelte
nicht zuletzt in der Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten.
Rassistisches Gedankengut ist weit verbreitet
Inzwischen ist die Menschheit um einiges Wissen reicher. So weiß man mittlerweile, dass sich eine rassistische Vorstellungen wissenschaftlich nicht belegen lassen. Das ändert allerdings
nichts daran, dass rassistisches Gedankengut noch immer in vielen Köpfen sehr lebendig ist. Dies zeigt unter anderem die Studie "Die enthemmte Mitte"
der Universität Leipzig. Oftmals sind sich Menschen, die rassistisches Gedankengut hegen und andere diskriminieren, dessen gar nicht bewusst, sondern der festen Überzeugung, vollkommen
aufgeklärte, vorurteilsfreie Menschen zu sein.
Das Grundgesetz gestattet keine Diskriminierung
Die Gesetzeslage in Deutschland ist in Hinblick auf rassistische Diskriminierung eindeutig. Das Grundgesetz besagt: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse,
seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Klingt ganz eindeutig – doch so einfach ist
es nicht. Denn trotz der klaren Gesetzeslage erleben Menschen mit Migrationsgeschichte häufig Diskriminierung. Ob nun bei der Wohnungssuche, beim Diskobesuch oder beim Sport. Einer Umfrage
zufolge hat in der EU jeder dritte Mensch mit Migrationsgeschichte in jüngster Vergangenheit Diskriminierung am eigenen Leib erlebt.
Was können wir gegen Rassismus in Niedersachsen tun?
Gegen Rassismus können wir nur gemeinsam etwas tun. Jeder ist gefragt und jeder ist aufgerufen, sich gegen alltäglichen Rassismus einzubringen. Das können Sie tun:
Bedenken Sie vorher: Ist das die richtige Situation, um zu diskutieren? Haben Sie mögliche Unterstützerinnen und Unterstützer in der Nähe oder können Sie andere bei einer Situation
unterstützen? Will Ihr Gegenüber überhaupt ins Gespräch kommen oder nur schlechte Stimmung machen? Sie müssen nicht auf jede Parole reagieren. Sie können sich auch erst weiter informieren
und später reagieren.
Haben Sie Mut und trauen Sie sich - auch einfach "Stopp" zu sagen hilft! Manchmal hilft es auch, einfach Stopp zu sagen. Bringen Sie zum Ausdruck, dass Sie diese Äußerungen nicht
hören wollen und selbst eine andere Meinung haben! Dies können Sie auch, ohne Gegenargumente einzubringen.
Holen Sie sich Hilfe und Rückendeckung! Sprechen Sie mit Kolleginnen und Kollegen,Vorgesetzten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Nachbarn! Nehmen Sie Kontakt mit einer
Beratungsstelle auf.
Machen Sie verstecktes sichtbar! Zum Beispiel mit einer Rückfrage: Meinen Sie tatsächlich,dass alle Ausländerinnen und Ausländer kriminell sind? Wen meinen Sie denn konkret damit?
Wollen Sie wirklich,dass alle das Land verlassen?
"Wenn man die Begriffe für die eigene Sache besetzt, dann macht man den politischen Gegner sprachlos."
- so seinerzeit der damalige CDU - Geschäftsführer Heiner Geißler zu seinem Parteichef. Und prägte gleichzeitig den Begriff vom bürgerlichen Lager. Jetzt ist der mal wieder erfolgreich von
anderen Politikern gekapert worden, nämlich von jenen, die für den, der sehen WILL, als Wölfe im Schafspelz auftreten. Der Begriff "bürgerlich" ist also ihr neuester Coup, eine sprachliche
Möglichkeit, die Realität weiter zu beugen und zu verbiegen und die Hirne zu benebeln.
Bürgerlich - das war für mich, aber auch viele Menschen, mit denen ich zu tun habe, jahrzehntelang ein Wort, das gekoppelt war an einen über etliche Jahrhunderte gültigen Wertekosmos, darunter
gute Umgangsformen, korrektes Auftreten, Treue, Verlässlichkeit und Einhaltung von Absprachen, auch im wirtschaftlichen Dingen ( "auf Treu und Glauben" ). Bürgerlich - damit
verbindet sich auch ein gewisses Maß an Bildung und Kultur, besonders & gerade auch in der Sprache. Da hat man sich doch über die Jahrhunderte hinweg dem Lumpenpack überlegen gefühlt,
schließlich kann der Bürger "gesittet sein, er lernte Bibel und Latein" ( Erich Mühsam )...
Es ist gerade diese, ihre Sprache, an der sich die mit Tweedjackett und Perlenkette Maskierten, als zutiefst unbürgerlich entlarven: Eine Sprache, die die "Neue Zürcher Zeitung", die ja
nun nicht im Verdacht steht, "grün - versifft" zu sein, als eine bezeichnet, die "erinnert an eine vollgeschmierte Klowand. Nichts daran ist bürgerlich." In einem meiner Posts
fand ich noch diesen Screenshot von 2015 des damaligen Vizefraktionsvorsitzende der Blaunen im Landtag
von MeckVop, der die eingangs erwähnte Strategie mit anderen Worten wiedergibt und die angepeilte gesellschaftliche Veränderung gleich mit:
Das bürgerliche Schafsfell soll also einen autoritären Nationalradikalismus kaschieren, der einen "Systemwechsel" in Institutionen, Theatern, Schulen, Polizei und Parlamenten anstrebt. Die
Sprache der so Verkleideten legt autoritäre, nationalistische und menschenfeindliche Haltungen an den Tag, ja bedient sich des Sprachgebrauchs von Kriminellen, um solche Vorstellungen als
vollkommen normal in die Hirne sickern und zu Taten werden zu lassen.
Relativiert in meinen Augen auch nicht, dass jenes Vorgehen inzwischen international weit verbreitet & in der Politik üblich geworden ist ( und somit die Bundesrepublik kein Sonderfall ). Was
schreibt dazu Mely Kiyak in der "Zeit"?
"... denn die ganze Welt kann machen, was sie will. Es waren aber schließlich Deutsche, die Menschen in Öfen steckten und keine Kinder anderer Nationen. Allein diese Tatsache verbietet es,
sich hinter den neofaschistischen Fantasien anderer Länder zu verstecken."
Das trifft meine Gemütslage, meine innere Haltung von Jugend an aufs deutlichste. Und von daher übersteigt es auch meine Möglichkeiten, mich in jene zu versetzen, die den Blaunen trauen und ihre Stimme geben.
Unbekannte haben auf ein Thüringer Flüchtlingsheim geschossen und dabei fremdenfeindliche Parolen gerufen. Justizminister Lauinger kündigte an, mit aller Härte
gegen solche Vorfälle vorzugehen.
Unbekannte Täter haben in der Nacht zu Sonntag auf ein Thüringer Flüchtlingsheim geschossen. Gegen Mitternacht sei am Gelände der Unterkunft im nordthüringischen
Obermehler ein Pkw sehr langsam vorbeigefahren, teilte die Polizei am Montag in Nordhausen mit. Mitarbeiter der Sicherheitsfirma hätten mehrere Schüsse aus einer Schreckschusswaffe aus dem
Fahrzeug heraus gehört. Zudem sei eine fremdenfeindliche Parole gerufen worden. Verletzt wurde bei dem Vorfall niemand.
Justizminister kündigt Härte an
Noch in der Nacht wurde den Polizeiangaben zufolge ein Spezialhund zur Spurensuche eingesetzt. Es seien Patronenhülsen gefunden und sichergestellt worden. Die
Fahndung nach dem Täterfahrzeug sei zunächst ergebnislos verlaufen, hieß es.
Der Rechtsstaat werde mit aller Härte gegen solche Vorfälle vorgehen, kündigte Thüringens Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) am Montag an. Die Täter müssten
rasch ermittelt werden und die Konsequenzen ihres Handelns zu spüren bekommen. (epd/mig)
23.10.2019
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DORTMUND
Unbekannte werfen Brandsätze auf Moschee
Zwei Personen haben nach Polizeiangaben zwei Flaschen mit einer brennbaren Flüssigkeit in Richtung einer Moschee in Dortmund geworfen und sind geflüchtet. Der
Polizeipräsident zeigt sich schockiert.
Unbekannte Täter haben in der Nacht zu Montag einen Anschlag auf eine Moschee in Dortmund verübt. Zwei Menschen hätten gegen 1.30 Uhr
zwei Flaschen mit einer brennbaren Flüssigkeit in Richtung des Gotteshauses im Stadtteil Eving geworfen, teilte die Polizei Dortmund am Montag mit. An der Fassade und an einem Fenster des
Gebäudes sei ein geringer Sachschaden entstanden. Der Staatsschutz der Polizei ermittelt.Eine der beiden Flaschen sei an der Fassade der Moschee
zerbrochen, die andere auf dem Boden davor, berichtete die Polizei. Daraufhin habe sich die Flüssigkeit in beiden Gefäßen entzündet. Der Versuch, eine dritte Flasche zu werfen, sei gescheitert.
Sie fiel demnach auf die Straße und ging dabei in Flammen auf. Anschließend seien die Täter geflohen – das Feuer sei bei Eintreffen der Polizei bereits erloschen gewesen. Der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange erklärte, die Tat habe ihn schockiert. Die Polizei werde alles tun, was möglich sei, um die muslimischen Gemeinden zu schützen. Der
Polizeipräsident kündigte an, persönlich den Kontakt zu der betroffenen Moschee und weiteren Gemeinden zu suchen. (epd/mig) . 23.10.2019
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HESSEN
Polizeianwärter in rechtsextremistischer Chatgruppe
Sechs Polizeianwärter in Hessen sollen in einer Chatgruppe rassistische und antisemitische Botschaften ausgetauscht haben. Wie das Innenministerium mitteilt, wurden sie entlassen.
Die Affäre um rechtsextremistische Vorfälle bei der hessischen Polizei hat sich erneut ausgeweitet. In Mühlheim am Main im Kreis Offenbach hat eine Gruppe von Polizeianwärtern in einer Chatgruppe
rassistische und antisemitische Botschaften ausgetauscht. Das hessische Innenministerium bestätigte am Samstag auf Anfrage einen entsprechenden Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Sechs Beteiligte seien entlassen worden, sagte Ministeriumssprecher Michael Schaich dem „Evangelischen Pressedienst“.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die Polizeianwärter dauerten noch an, fügte der Sprecher von Innenminister Peter Beuth (CDU) hinzu. Unabhängig davon habe die Hessische
Polizeiakademie schnell gehandelt. „Wer sich so verhält, soll nicht die Gelegenheit haben, in den Dienst der hessischen Polizei einzutreten“, sagte Schaich in Wiesbaden. Das sei mit der
Entlassung der sechs Beschuldigten sichergestellt worden. Welche strafrechtlichen Folgen sie zu erwarten haben, könne erst nach Abschluss der Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft
gesagt werden.
Chataustausch über die gesamte Ausbildungszeit
Dem Zeitungsbericht zufolge wurde das Handy des hauptbeschuldigten Polizeianwärters ausgewertet, wodurch das gesamte Ausmaß des Vorgangs offenbar wurde. Unter anderem sei in der WhatsApp-Gruppe
ein Foto verschickt worden, das Juden in einem Deportationszug zeige und mit dem Kommentar versehen worden sei: „Genießt das Leben in vollen Zügen.“ Auf einem anderen Bild sei ein Mann mit
dunkler Hautfarbe zu sehen, auf den ein Zielfernrohr gerichtet sei.
Der rechtsextremistisch geprägte Chataustausch soll die gesamte Ausbildungszeit der Polizeianwärter über angehalten haben. Erst Ende August hatte der Hessische Rundfunk über den Verdacht gegen
einen Dienstgruppenleiter der Polizei auch aus Mühlheim berichtet, der rechtsextremistische Inhalte in einer Chatgruppe geteilt haben soll. (epd/mig)
9. September 2019
"Eine Partei, deren Agenda und deren Repräsentant*innen die Gleichwertigkeit aller Menschen bestreiten und rechtsextremistische Positionen in der Gesellschaft befördern, kann kein
Gesprächspartner des Paritätischen sein."
Razzia bei SEK-Beamten10.000 Schuss für den "Tag X"
Ein aktiver und mehrere ehemalige SEK-Beamte sollen Munition des LKA entwendet - und diese nach SPIEGEL-Informationen an den Polizisten Marko G.
weitergegeben haben: ein "Prepper", der sich auf den "Tag X" vorbereitete.
Marko G. war auf alles vorbereitet. Sogar darauf, dass Geld keinen Wert mehr hat. Deshalb lagerte der Polizist vakuumverpackte Zigaretten und hochprozentigen Alkohol. Als "Tauschmittel", falls
das Währungssystem zusammenbricht.
So erzählte er es im September 2017 dem Magazin "Panorama" des NDR. Wenige Wochen vorher waren Beamte bei ihm angerückt. Auf einmal war er, der Polizist, ins Zwielicht geraten. Elf Stunden
lang durchsuchten Beamte seine Wohnung in der Nähe von Schwerin, sein Gartenhäuschen am See, das Auto und den Wohnwagen auf Rügen.
Es kommt selten vor, dass die Polizei gegen Polizisten ausrückt - und noch seltener, dass sie dabei Kollegen festnimmt. In Mecklenburg-Vorpommern ist an diesem Mittwoch genau das passiert: Gegen
gleich drei aktive und einen ehemaligen Beamten hat die Staatsanwaltschaft Schwerin Haftbefehle erwirkt, darunter Marko G.
Munitionsbuch beschlagnahmt
Mehrere der Festgenommenen waren früher Mitglieder des Spezialeinsatzkommandos (SEK) des Landeskriminalamts, einer war aktuell noch als SEK-Beamter im Einsatz. Nach Informationen des SPIEGEL
wurde am Mittwochmorgen sein Spind beim LKA in Rampe bei Schwerin durchsucht. Zudem wurde das dortige Munitionsbuch beschlagnahmt.
Drei der Männer wird vorgeworfen, seit April 2012 illegal Munition aus Beständen des LKA abgezweigt zu haben, und an ihren Kollegen Marko G.
weitergegeben zu haben. Der Polizist war schon vor zwei Jahren ins Visier von Ermittlern geraten. Damals aber nur als Zeuge. Der Grund: Sein Kontakt zu zwei Männern, die verdächtigt wurden, im
Falle einer Staatskrise Vertreter des linken Spektrums töten zu wollen - was beide bestreiten.
Der Generalbundesanwalt gab damals seine Erkenntnisse an die Schweriner Staatsanwaltschaft weiter. Diese eröffnete ein eigenes Verfahren und beauftragte das Landeskriminalamt mit den Ermittlungen. Sieben Beamte bildeten eine Sonderkommission. Eine
Truppe, die wegen des sensiblen Vorgangs abgeschottet vom Rest des LKA agierte, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.
Schwere Munition
Der ehemalige SEK-Beamte Marko G. hatte 2016 eine Chatgruppe namens "Nordkreuz" angelegt, in der auch die beiden Terrorverdächtigen mitmischten. Insgesamt vernetzten sich in der Gruppe gut 30
sogenannte Prepper, die sich auf den Zusammenbruch der staatlichen Ordnung durch eine Flüchtlingswelle oder Anschläge einrichten. Wurden die Mitglieder der "Prepper"-Szene zunächst eher als
Spinner abgetan, gelten inzwischen manche Anhänger der Szene als gefährlich. Nach G.s Angaben ging es darum, sich für diesen "Tag X" Notvorräte anzulegen, aber auch durch Schießtrainings
vorbereitet zu sein: "Egal ob die innere Sicherheit kaputt ist oder durch ein Naturereignis alles lahmgelegt ist oder einen Stromausfall: Das ist alles Tag X", sagte er im Interview 2017. "Der Tag, ab dem man autark sein muss."
Ein Mitglied der Chatgruppe erzählte den Vernehmern des Bundeskriminalamts (BKA), bei den meisten Mitstreitern habe es sich um "besorgte Bürger" gehandelt. Es habe aber auch einen "kleinen Kreis"
mit einer "radikaleren Richtung" gegeben, der für den Krisenfall Gewalt propagiert habe - bis hin zur Liquidierung von Förderern einer offenen Flüchtlingspolitik.
Mehr als 10.000 Patronen sichergestellt
Unabhängig von den Terrorermittlungen des BKA und des Generalbundesanwalts, gehen die Schweriner Ermittler dem Verdacht nach, dass der "Nordkreuz"-Chatgründer Marko G. und die drei früheren
SEK-Polizisten gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen haben könnten.
Nach SPIEGEL-Informationen wurden bei den heutigen Durchsuchungen bei Marko G. mehr als 10.000 Patronen für Kurz- und Langwaffen gefunden. Derzeit werde geprüft, woher die Munition genau stammt
und ob ihr Besitz legal oder illegal war, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft dem SPIEGEL. Zudem werde wegen des Verdachts auf gemeinschaftlichen Betrug ermittelt.
Drohungen, Beschimpfungen, Listen mit Namen vermeintlicher "Volksverräter": Nach dem Mord an Walter Lübcke wächst bei Kommunal- und Landespolitikern die Angst vor rechter
Gewalt. Von Alexander Sarovic und Vanessa Steinmetzmehr...[ Forum ]
„Was nicht funktioniert, ist, Christ zu sein
und sich antisemitisch, menschenverachtend, ausgrenzend,
rassistisch zu äußern oder andere Menschen
öffentlich und in Online-Netzwerken zu beleidigen“, sagte der evangelische Theologe der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwoch). Das entspreche nicht dem
geistlichen Auftrag eines Christen. „Diese
Haltung unterstelle ich aber nicht allen AfD-Mitgliedern“.
Papst Franziskus hat bei seinem Besuch in Litauen alle populistischen Forderungen nach der Ausgrenzung Fremder scharf verurteilt.
Papst Franziskus hat bei seinem Besuch in Litauen alle populistischen Forderungen nach der Ausgrenzung Fremder scharf
verurteilt. Überall in der Welt würden derzeit "die Stimmen, die Spaltung und Konfrontation säen, immer lauter", warnte der Papst am Samstag in einer Rede vor dem Präsidentenpalast in
Vilnius. Solchen Forderungen müssten "Toleranz, Gastfreundschaft, Respekt und Solidarität" entgegengestellt werden.
Medienanstalt lässt vier rechtsradikale Kanäle sperren
Wegen Verstößen gegen Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und des Strafgesetzbuchs wurden rechtsradikale YouTube-Kanäle gesperrt. Der Medienrat
fordert von YouTube mehr Anstrengungen gegen offensichtlich unzulässige Inhalte.
Immer noch täglich ein Anschlag auf Asylbewerberheim
Trotz rückläufiger Tendenz gibt es in Deutschland laut Statistik des Bundeskriminalamtes im Schnitt fast jeden Tag einen Anschlag auf ein Asylbewerberheim. In den ersten neun Monaten dieses
Jahres wurden 211 Attacken auf Flüchtlingsunterkünfte verübt.
Trotz der rückläufigen Tendenz gibt es in Deutschland im Schnitt fast immer noch jeden Tag einen Anschlag
auf ein Asylbewerberheim. In den ersten neun Monaten dieses Jahres wurden 211 Attacken auf Flüchtlingsunterkünfte verübt. Das geht aus der Statistik des Bundeskriminalamtes (BKA) hervor, die
der Neuen Osnabrücker Zeitung vorliegt. Seit Januar blieben die Zahlen weitgehend konstant und lagen pro Quartal bei rund 70. Die meisten
Straftaten haben einen rechtsradikalen Hintergrund.
Die Alternative
für Deutschlandwill die 1949 im Grundgesetz verankerten individuellen Schutz- und Asylgarantien
"nicht aufrechterhalten" und die Genfer Flüchtlingskonvention sowie andere supra- und internationale Abkommen zum Flüchtlingsschutz neu verhandeln. Darüber hinaus sollen
Deutschlands Grenzen "umgehend geschlossen" werden, "um die ungeregelte Massenimmigration in unser Land und seine Sozialsysteme durch überwiegend beruflich unqualifizierte Asylbewerber sofort zu
beenden". Dazu will die Partei integrierte Sicherungssysteme etablieren, "zu denen auch Zäune gehören können". Die europäische Zusammenarbeit soll sich "auf die Sicherung der europäischen
Außengrenzen konzentrieren". Das Gemeinsame Europäische Asylsystem lehnt die Partei ab. Asylanträge sollen außerhalb Europas gestellt werden. Eine bessere Finanzierung
des UNHCR soll dafür sorgen, dass Geflüchteten in "heimat- und kulturnahen Regionen" ein sicherer Aufenthalt ermöglicht
wird. Die AfD möchte, dass die europäische Grenzschutzagentur Frontex und die Bundeswehr in Seenot geratene Flüchtlinge nicht mehr nach Europa befördern, sondern "alle Flüchtlingsboote an ihre
Ausgangsorte zurückbringen". Sollte das nicht möglich sein, sollen Bootsflüchtlinge "nach australischem Vorbild ausnahmslos in außereuropäische Aufnahmezentren" gebracht werden. Jeden Familiennachzug für Flüchtlinge lehnt
die Partei ab. Das betrifft auch minderjährige Asylsuchende. Die angestrebten Maßnahmen sollen zu einer "Null-Zuwanderung" führen. Sollte sie nicht erreicht werden, will die
AfD eine "Belastungsgrenze" definieren, "ab deren Erreichen zum Schutz Deutschlands keinerlei Asylbewerber mehr aufgenommen werden". Leistungen für Asylbewerber will die Partei auf das "unbedingt
notwendige Maß" beschränken. Schulpflichtige Asylbewerber sollen durch eine Beschulung "auf das Leben nach der Rückkehr in ihr Herkunftsland" vorbereitet werden und "die Zeit bis zur Rückkehr
sinnvoll überbrücken".
Für die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber soll der Bund zuständig werden. Die Partei
spricht sich zudem für eine "Mindestabschiebequote" aus. Für straffällig gewordene ausländische Staatsangehörige fordert die AfD die "zwingende Ausweisung auch schon bei geringfügiger
Kriminalität". Auf Länder, die sich weigern, ihre Staatsbürger zurückzunehmen, soll z.B. durch das Einstellen der Entwicklungshilfe Druck ausgeübt werden. Im Zweifel sollen Migrantinnen und
Migranten auch in "aufnahmebereite Drittstaaten" überführt werden können.
Die AfD will "ausschließlich qualifizierte Zuwanderung nach Bedarf"
zulassen. Sie fordert Eingewanderte zur "Assimilation" auf. Anpassung sei nicht die Aufgabe der "Gesellschaft". Die Partei will zum Abstammungsprinzip zurückkehren, wie es vor der
Staatsbürgerschaftsrechtsreform im Jahr 2000 galt. In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erhalten demnach bei Geburt in Deutschland nicht mehr die deutsche Staatsangehörigkeit.
Die doppelte Staatsbürgerschaft lehnt die AfD bis auf "wohlbegründete Sonderfälle" ab. Innerhalb von zehn Jahren nach einer Einbürgerung soll
die deutsche Staatsangehörigkeit bei "erheblicher Kriminalität" wieder aberkannt werden können, auch wenn dies zur Staatenlosigkeit führe.
Durch den "Multikulturalismus" sieht die AfD die kulturellen Errungenschaften
Deutschlands gefährdet. Sie bekennt sich daher zur deutschen Leitkultur, deren zentrales Element die deutsche Sprache sei. Den Islam sieht die Partei als "Träger von nicht integrierbaren
kulturellen Traditionen und Rechtsgeboten". Den bekenntnisgebundenen Islamunterricht an Schulen will sie abschaffen.
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Künstler stellen AfD-Politiker Holocaust-Mahnmal vors Haus
Die Künstlergruppe Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) hat einen Ableger des Berliner Denkmals direkt
vor Höckes Haustüre aufgebaut: im thüringischen Bornhagen, einem Weiler mit 270 Einwohnern. gefordert wird ein Kniefall vor einem Holocaust-Mahnmal, von einem Mann, der die Berliner Holocaust-Erinnerungsstätte als "Denkmal
der Schande" bezeichnet und der "eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad" fordert? Der Mann, das ist Björn Höcke. (Vorsitzender der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag)
Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry hat mit ihrem Vorschlag, Polizisten sollten angesichts der großen Zahl von
Flüchtlingen "notfalls" Schusswaffen an der Grenze einsetzen, heftige Kritik ausgelöst. Aus ihrer Partei bekommt Petry Unterstützung.
Parteivize Beatrix von Storch wirbt für Waffengewalt auch gegen Frauen und Kinder.
Armin Paul Hampel (AfD-Chef Niedersachsen): „Ich will das auf keinen Fall herunter spielen, aber es ist doch klar, dass ein Gutteil dieser angeblichen
Brandanschläge von den Flüchtlingen selbst kommt, meist aus Unkenntnis der Technik. Mal ehrlich, viele von ihnen dürften es gewohnt sein, in ihren Heimatländern daheim Feuer zu machen.“ (Der
Spiegel 51/2015, S. 25)
Soll laut „Welt am Sonntag“ Sinti, Roma und Araber als „kulturfremde Völker“
bezeichnen, von denen Deutschland „überschwemmt“ werde. Zudem würden die Mitglieder der Bundesregierung darin als „Schweine“ und „Marionetten der Siegermächte“ des Zweiten Weltkriegs geschmäht.
Der Zeitung liegen nach eigenen Angaben eine eidesstattliche Versicherungund weitere Aussagen vor, aus denen hervorgehe, dass Weidel den Text verfasst habe.
Mehr als 80 Rechtspopulisten könnten Umfragen zufolge im neuen Bundestag sitzen - überwiegend männlich, viele rechts außen. Wer genau sind die Männer und
Frauen, die für die AfD ins Parlament streben?
Zum Abschied mahnte Norbert Lammert die Abgeordneten: Nach den "Abstürzen der deutschen Geschichte" sollten sie sich die mühsam errungene Fähigkeit bewahren, den Konsens der
Demokraten gegen "Fanatiker und Fundamentalisten für noch wichtiger zu halten".
Lammert, der nach 37 Jahren im Parlament seine politische Karriere als Bundestagspräsident beendete, erhielt viel Applaus von den Abgeordneten, aus allen Fraktionen. Und der
Christdemokrat musste den Namen jener Partei gar nicht erwähnen, die er im Kopf hatte, als er die deutsche Geschichte zitierte - jeder im Plenarsaal wusste, wer gemeint war: die AFD.
Denn allen Umfragen zufolge werden die Rechtspopulisten am kommenden Sonntag - deutlich - über der Fünfprozenthürde landen und in den Bundestag einziehen. Womöglich wird die AfD sogar
drittstärkste Kraft hinter Union und SPD.
Intern haben sie in der AfD schon durchgerechnet, was das heißen kann:
Bei acht Prozent Stimmenanteil zöge man mit bis zu 60 Abgeordneten in den Bundestag ein.
Bei zehn Prozent wären es gar 80 oder vielleicht mehr.
Allein die Zahl der Mitarbeiter, die die Partei im Parlament einstellen muss, wäre bei einem sehr guten Ergebnis von über 10 Prozent
groß: "Um die 400", heißt es in der AfD.
Eine schlagkräftige Fraktion ließe sich damit aufbauen, die Aufmerksamkeit der Medien auf sich ziehen wird.
Allerdings: Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Partei am rechten Rand im Bundestag säße - in den Fünfzigerjahren waren mit der "Deutschen Partei" (DP) und dem "Bund der
Heimatvertriebenen und Entrechteten" (BHE) über mehrere Legislaturperioden Gruppierungen im Bundestag, die eine nationalkonservative Politik vertraten und in deren Reihen - wie im Übrigen
damals auch in den anderen Parteien - ehemalige Mitglieder der Nazipartei saßen.
Die politische Konkurrenz ist über den Einzug der AfD alarmiert: "Sollte die AfD tatsächlich in den Bundestag einziehen, werden zum ersten Mal seit mehr als 70 Jahren Nazis im Reichstag
sprechen", sagte jüngst Außenminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) im Interview mit SPIEGEL ONLINE. Das mag eine Wahlkampfattacke sein, aber Tatsache ist: Wo immer die AfD in
die Landtage gekommen ist, wurde der Tonfall rauher und härter.
Welchen Stil werden die AfD-Abgeordneten im künftigen Bundestag pflegen? Und wer könnten diese Abgeordneten sein?
Drohungen gegen Geistliche - Der Hass trifft auch die Pfarrer
Stand: 01.12.2016 14:18 Uhr
Todesdrohungen und Hasskommentare sind für Pfarrer in Deutschland mittlerweile an der Tagesordnung. Wer sich für Flüchtlinge oder Mitmenschlichkeit einsetzt, muss auch Gewalttaten fürchten. Doch
der Umgang der Geistlichen mit dieser Hasswelle führt auch zu großer Solidarität in ihren Gemeinden.
Von Robert Bongen, NDR
Es sind E-Mails wie diese: "Du verfickte Kirchenziege, halt’s Maul!" Oder: "Dich sollten sie mal über IS-Gebiet aus dem Hubschrauber werfen, dann wirst du schon sehen, was deine islamischen
Freunde von dir halten!" Margot Käßmann bekommt solche Nachrichten regelmäßig.
Die EKD-Reformationsbeauftragte Margot Käßmann erlebt täglich massive Beschimpfungen.
Die EKD-Reformationsbeauftragte Margot Käßmann erlebt täglich massive Beschimpfungen.
"Mich erschreckt, dass die Bedrohungstonlage derart zunimmt", sagt die Theologin und ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Interview mit
dem Politik-Magazin Panorama. So heftig wie in den vergangenen anderthalb Jahren habe sie das noch nicht erlebt: "Ich kann mich nicht erinnern, dass Kirchenleute in meiner Zeit mal so
massiv beschimpft wurden."
Käßmann ist seit 1985 Pfarrerin und derzeit Reformationsbeauftragte der EKD. Als Protestantin streite sie gerne. Das sei in einer Demokratie auch gut und wichtig. Dennoch frage sie sich
mittlerweile manchmal, ob sie sich den "Konflikt wirklich anziehen" solle. "Das Vertrauen, dass wir offen kommunizieren, Kritik auch offen äußern, das geht so ein bisschen verloren", sagt sie.